Sonntag, 20. Mai 2012

Bauernschlau durch Corporate Publishing


Sie kennen diesen Typ: Nichts Besonderes und doch immer auf dem richtigen Dampfer. Sie waren besser informiert. Aber der sticht Sie einfach aus.

Am Ende war der Mörder immer der Gärtner, und der Pfiffikus bekommt die Prinzessin. Irgendwie weiß man das.

Gerd Gigerenzer geht in seinem Buch „Bauchgefühl“ (Goldmann 2007) diesem „Irgendwie“ genauer nach. Dabei zitiert er Untersuchungen, die belegen, dass etwas besser ist als gar nichts oder viel zu wissen. Die Experten, behauptet er, stochern im Nebel, während man mit gepflegtem Halbwissen extrem gut weiter kommt. Er nennt dieses Phänomen den „Weniger-ist-mehr-Effekt“.

2003 wurden Voraussagen verschiedener Gruppen zu den Ergebnissen der Herren-Einzel in Wimbeldon miteinander verglichen. Raten Sie mal, wer am besten abschnitt? - Es waren die Amateure. Experten, Laien und offizielle Rankings kamen da nicht mit.

Wiedererkennung ist ein wichtiger Faktor bei der Anwendung gepflegten Halbwissens. Was wir oft hören, wird gespeichert, anderes fällt durchs Sieb.
Dabei spielen die Medien eine wichtige Rolle. Denn durch die Medien, in denen das, was potentiell wichtig sein könnte, penetrant wiederholt durchgekaut wird, werden wir kollektiv geprägt.
Berichtet wird natürlich eher über das, was für uns relevant sein könnte. - Irgendwann wird relevant, was wir oft hören.

Sind wir deshalb Spielball der Medien?

Nein, denn die Auswahl der Medien wird verifiziert durch unseren Erfolg bei der Anwendung gepflegten Halbwissens.

Frei nach Gigernzer lässt sich der Kreislauf grob vereinfacht so darstellen:

Medienkreislauf: Qualität-Medium-Nutzen







Hochwertige und tatsächlich wichtige Ereignisse werden öfter erwähnt als andere.
Deshalb sind die Ereignisse, Dinge oder Personen, die wir über die Medien vom Hörensagen kennen, wahrscheinlich relevant. So funktioniert das Halbwissen. Es hilft uns, zu antizipieren und gibt uns ein Gefühl der Orientierung. - Berichtet ein Medium allerdings öfter irrelevantes, so dass der Kreislauf nicht mehr funktioniert, werden wir das Medium nicht mehr konsumieren.

Bauernschläue ist ein kulturspezifisches Phänomen. Klar, denn in jeder Wertegemeinschaft, sei es die Große Community eines internationalen Konzerns, die der Manager oder die kleine der verschrobenen Entwickler, gibt es spezifische Medien, die konsumiert werden und somit eine Gruppenprägung ausmachen.

Sollte unsere Intuition in dem einen oder anderen Fall schweigen, haben wir innerhalb einer Gruppe mit der gleichen kulturellen Prägung die Möglichkeit, uns der Mehrheitsmeinung anzuschließen.
Die Chancen, damit richtig zu liegen, stehen deutlich höher als der Zufallswert. Man kann sich auf das gepflegte Halbwissen der Mehrheit verlassen.

Es ist sicherlich interessant, die Relevanz und Qualität des Corporate Publishing unter diesem Aspekt zu prüfen. Jedenfalls lassen sich so spendierte Zeitungen im Gemeinschaftsraum gut begründen. - Denn gemeinsam geteiltes Halbwissen verkürzt viele Wege und verbindet ungemein.

Kurze Checkliste:

  • Welche Communitys gibt es im Unternehmen?
  • Welche Medien stehen diesen zur Verfügung (interne/externe)?
  • Was wird an Fachzeitschriften benötigt/zur Verfügung gestellt?
  • Inwiefern ist diese Literatur Community stärked oder abgrenzend gegenüber anderen Gruppen innerhalb der Firma?
  • Wie viel Raum/Zeit haben die Communitys, Medien zu konsumieren?
  • Funktioniert das Corporate Publishing (Intranet/Betriebszeitung) als kollektiver Meinungsbildner und Wissenspool? Werden die relevanten Themen gelesen? Wird den Inhalten vertraut? - Gibt es Alternativen zum Corporate Publishing?

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